Braucht es jetzt nicht Sofortmassnahmen, um die überbordende Asylkriminalität rasch einzudämmen und die Sicherheit der Bevölkerung wieder zu gewährleisten?Ist der Bundesrat bereit, eine Null-Toleranz-Strategie auszuarbeiten, um Asylpersonen nachhaltig von der Verübung von Straftaten abzuschrecken? Ist er bereit, Kriminelle aus Asylverfahren auszuschliessen?Ist der Bundesrat bereit, die Bewegungsfreiheit krimineller Asylpersonen zum Schutz der Bevölkerung bis zum Strafvollzug und zur Ausschaffung einzuschränken, z.B. durch Eingrenzung in besonderen Asylzentren?Ist der Bundesrat bereit, Massnahmen zur Beschleunigung der Strafverfahren auszuarbeiten? Sollte der Strafbefehlsbereich nicht ausgeweitet werden? Sollte die Landesverweisung nicht auch von den Staatsanwaltschaften angeordnet werden können, v.a. bei Personen ohne Aufenthaltsrecht?Ist der Bundesrat bereit, die Einführung von Mindeststrafen bei mehrfacher Verurteilung wegen derselben Delikte (Rückfall) zu prüfen, damit die Strafrahmen in solchen Fällen endlich ausgeschöpft werden?Ist der Bundesrat bereit, eine Ausschaffungsoffensive einzuleiten, um kriminelle Asylpersonen nach dem Strafvollzug rasch in ihr Heimat- oder ein Drittland zu verbringen? Ist er bereit, entsprechende Verhandlungen mit den wichtigsten Heimatländern und geeigneten Drittstaaten aufzunehmen?
Grund des Vorstosses:
Die Asylkriminalität nimmt dramatisch zu. Es vergeht kein Tag ohne Gewalt- und Sexualdelikte, Raubüberfälle, Einbrüche und Diebstähle. Der Asylanteil ist teilweise exorbitant hoch. Die Bevölkerung ist verunsichert.Die Missstände sind offenkundig. Doch durchgegriffen wird nicht: Spürbare Sanktionen erfolgen keine. Die Asylverfahren gehen weiter. Die Täter kommen rasch wieder frei. Oft begehen sie gleich die nächsten Delikte. Die Strafbehörden kommen nicht nach. Die Verfahren dauern viel zu lange. Bedingte Strafen werden nicht als Strafen wahrgenommen. Auch kurze Freiheitsstrafen verfehlen ihre Wirkung. Selbst bei mehrfachen Wiederholungstätern werden die Strafrahmen nicht ausgeschöpft. Landesverweisungen und Wegweisungen werden nicht vollzogen. Wer hier bleiben will, bleibt hier.Man wird den Eindruck nicht los, dass der Rechtsstaat im Umgang mit kriminellen Asylbewerbern zusehends die Kontrolle verliert. Das unterminiert das Sicherheits- und Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung. Dabei müsste ihr Schutz für die Politik oberste Priorität haben.
Antwort des Bundesrates:
1./2. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) duldet in den Bundesasylzentren (BAZ) keine Kriminalität. Strafbare Handlungen werden umgehend den zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörden gemeldet. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wie auch die Strafverfolgung fallen in die Zuständigkeit der Kantone. Trotzdem ist die Gewährleistung der Sicherheit in und rund um die BAZ eine Verbundaufgabe. Um die Zusammenarbeit sämtlicher betroffener Behörden weiter zu intensivieren und die Möglichkeiten der ausländerrechtlichen Administrativhaft auszuschöpfen, hat das SEM in allen Asylregionen runde Tische mit den zuständigen kantonalen Behörden initiiert. Zudem verabschiedete der Bundesrat, gestützt auf Empfehlungen von Alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer, am 24. April 2024 eine Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes, um die Sicherheit in den Zentren zu verbessern. 3. Asylsuchende können in einem besonderen Zentrum untergebracht werden, wenn sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gefährden oder durch ihr Verhalten den Betrieb und die Sicherheit der Zentren des Bundes erheblich stören (Art. 24a Asylgesetz [AsylG; SR 142.31]). Dabei wird jeweils auch eine Ein- oder Ausgrenzung angeordnet, die betroffene Person darf also ein ihr zugewiesenes Gebiet nicht verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht betreten (Art 74 Abs. 1bis Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG; SR 142.20]). Dies ersetzt jedoch natürlich nicht die Tätigkeit der kantonalen Strafverfolgungsbehörden. 4. Anfang 2024 ist eine umfassende Revision der Strafprozessordnung (StPO; SR 311.0) in Kraft getreten. Das Parlament hat dabei dem Anliegen nach rascheren Verfahren durch einzelne Änderungen Rechnung getragen.Thema der Revison bildete auch das Strafbefehlsverfahren, jedoch ohne dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs beschlossen worden ist. Der Bundesrat sieht ebenfalls keinen Anlass, das Strafbefehlsverfahren auszuweiten. Zum einen geht die Strafbefehlskompetenz im Vergleich zu früheren kantonalen Regelungen und auch zu Regelungen im Ausland schon sehr weit; zum andern sollte das ordentliche Verfahren mit einer öffentlichen Hauptverhandlung nicht noch weiter zurückgedrängt werden. Denn öffentliche Gerichsverhandlungen erfüllen Funktionen, die über die reine Schuldigsprechung und Verurteilung hinausgehen und die vom Strafbefehlsverfahren nicht abgedeckt werden können. Was die Aussprechung einer Landesverweisung im Strafbefehlsverfahren angeht, ist auf die von den Räten angenommene Motion 18.3408 Müller «Konsequenter Vollzug von Landesverweisungen» zu verweisen, die solches für Personen ohne Aufenthaltstitel vorschlägt. Der Bundesrat befasst sich somit im Rahmen der Umsetzung dieser Motion mit dieser Frage. 5. Der Bundesrat erachtet es nicht als sinnvoll, Mindeststrafen an die Voraussetzung einer wiederholten Begehung eines Deliktes zu knüpfen. Dies wäre in der schweizerischen Gesetzgebung einmalig. Das geltende System der Strafzumessung, bei der zahlreiche Elemente zu berücksichten und zu bewerten sind, erlaubt es ohne weiteres, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass jemand bereits mehrfach einschlägig straffällig geworden ist. Mindeststrafen braucht es dafür nicht. Vielmehr bestünde bei deren Einführung die Gefahr, dass das System so starr würde, dass sich damit nicht mehr alle denkbaren Konstellationen angemessen erfassen liessen. Zudem würde das angestrebte Ziel – das Ausschöpfen von Strafrahmen – nicht erreicht. 6. Der Bundesrat betreibt eine konsequente Rückkehrpolitik. Dies gilt sowohl bezüglich straffälligen Personen als auch anderen weggewiesenen Personen. Dank der intensiven Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten und der engen Kooperation mit den für den Vollzug zuständigen Kantonen konnte die Anzahl der Ausreisen 2023 erneut gesteigert werden. Die Gesamtzahl der Ausreisen (ohne Ukraine), d.h. die freiwilligen und zwangsweisen Ausreisen, nahm von 4’803 im Jahr 2022 auf 5’742 zu (+20%). Die Anzahl der hängigen Vollzugsfälle blieb dadurch trotz der deutlichen Zunahme der Asylgesuche stabil (2022: 4’119; 2023: 4’162). Der Bundesrat wird insbesondere aufgrund der Annahme der Motion 23.3082 Salzmann (Rückführungsoffensive und konsequente Ausweisung von Straftätern und Gefährdern) weitere Optimierungsmassnahmen prüfen, um die Anzahl der Ausreisen und Rückführungen weiter zu erhöhen.