Der Bundesrat wird beauftragt das Strafgesetzbuch zu ändern, dass bei der stationären Massnahme und ordentlichen Verwahrung keine unbegleiteten Hafturlaube gewährt werden.
Grund des Vorstosses:
In Artikel 123a Absatz 1 der Bundesverfassung ist geregelt, dass Hafturlaube für lebenslang Verwahrte ausgeschlossen sind. Dies soll für die Verwahrung, aber auch für die stationäre Massnahme gelten, zumindest was den unbegleiteten Hafturlaub anbelangt. Leider werden derzeit zu viele Täter einer teuren, therapeutischen, stationären Massnahme unterzogen, wo eigentlich eine Verwahrung angezeigt wäre. Die Richter sind hier im Allgemeinen zu zurückhaltend. Das Strafgesetzbuch soll dahingehend geändert werden, dass Straftäter, die sich im geschlossenen Vollzug der ordentlichen Verwahrung (Art. 64) oder einer geschlossenen Anstalt gemäss Art. 59 (stationäre Massnahme) befinden, nicht wie heute nach wenigen Jahren unbegleitet in Hafturlaube entlassen werden dürfen. Damit schliesst diese Motion an die Motion Rickli 11.3767 an. Auch bei stationären Kliniken soll vermehrt die Risikoanalyse im Vordergrund stehen.Es ist somit zentral, dass auch die stationäre Massnahme bei psychisch schwer gestörten Tätern (Art. 59 StGB) in diese Bestimmung aufgenommen wird, und nicht nur die ordentliche Verwahrung (oder die davor abgesessene Freiheitsstrafe). Diese Gesetzeslücke ist zu schliessen. Der Fall Basel ist leider nicht der erste Fall, wo ein psychisch gestörter Straftäter im Hafturlaub rückfällig wird und einen Mord begeht. Auch Gutachter und Anstaltsleiter können sich irren. Unbegleitete Hafturlaube sollen bei gemeingefährlichen Tätern, welche die Sicherheit der Bevölkerung klar gefährden, erst nach langer Bewährung gewährt werden. Eine unbegleitete Beurlaubung sollte bei einer stationären Massnahme frühestens nach 4 Jahren gewährt werden. Gerade unbegleitete Urlaube sind ein grosses Sicherheitsrisiko. Die Sicherheit der Bevölkerung ist schwerer zu gewichten als die Resozialisierung des Täters. Ausserdem geht es in Fällen der Gemeingefährlichkeit bei Mord und Sexualstraftaten um Extremfälle, die schwer therapierbar sind. Unbegleitete Hafturlaube sollen bei Verbrechern und psychisch schwer gestörten Tätern nicht möglich sein bzw. erst nach langer Bewährungszeit. Selbst Electronic Monitoring bietet zu wenig Sicherheit, da man nicht rechtzeitig reagieren kann. Eine gesamtschweizerische Regelung ist zielführend.
Antwort des Bundesrates:
Der Bundesrat hat schon in seiner Stellungnahme zur Motion 11.3767 Rickli “Keine Hafturlaube und Ausgänge für Verwahrte” darauf hingewiesen, dass unbegleitete Hafturlaube eine wichtige Stufe im Rahmen des progressiven Sanktionenvollzugs sind. Sie geben den Behörden wichtige Anhaltspunkte für eine möglichst präzise Prognose beim Entscheid über die Gewährung von Vollzugsöffnungen. Für die Verwahrung, die primär auf Sicherung und nicht auf Resozialisierung ausgerichtet ist, hat der Bundesrat im Massnahmenpaket Sanktionenvollzug (Botschaft vom 2. November 2022 zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Jugendstrafgesetzes [Massnahmenpaket Sanktionenvollzug], BBl 2022 2991) einen Entwurf für ein Verbot von unbegleiteten Hafturlauben vorgelegt, das mit den Zielen des Verwahrungsvollzugs kompatibel ist. Der Nationalrat hat die Vorlage zum StGB in der Schlussabstimmung vom 14. Juni 2024 abgelehnt. Für eine therapeutische Massnahme nach Artikel 59 StGB kommen nicht nur Täter in Betracht, die ein schweres Delikt nach Artikel 64 Absatz 1 StGB begangen haben. Sogar ein Vergehen kann zur Anordnung einer solchen Massnahme führen. Ein generelles Verbot von unbegleiteten Hafturlauben wäre jedenfalls in solchen Fällen unverhältnismässig. Eine therapeutische Massnahme ist auf die mögliche Wiedereingliederung des Täters ausgerichtet freilich unter Beachtung der erforderlichen Sicherheitsmassnahmen (Art. 59 Abs. 3 StGB). Der progressive Vollzug hat deshalb hier eine zentrale Bedeutung. Unbegleitete Hafturlaube sind eine wichtige Vorstufe für den Entscheid, ob einem Täter in einer stationären therapeutischen Massnahme weitere Vollzugsöffnungen (Art. 90 Abs. 4bis i.V.m. Art. 75a Abs. 2 StGB) bewilligt werden sollen. Fehlen Erfahrungen mit unbegleiteten Hafturlauben, so wird den Behörden die Prognosestellung massgeblich erschwert. Ein generelles Verbot würde deshalb zum Zweck von therapeutischen Massnahmen im Widerspruch stehen. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass das in der Motion 24.4015 erwähnte Tötungsdelikt in Basel aktuell Gegenstand von strafrechtlichen und administrativen Untersuchungen ist. Solange diese Ergebnisse nicht vorliegen, fehlt eine wichtige Grundlage für die Beurteilung eines allfälligen Handlungsbedarfs auf Stufe Bund.Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.