24.4140Interpellation
Ist die behördliche Einziehung von Waffen aufgrund von Fahrlässigkeitsdelikten im Strassenverkehr verhältnismässig?

Grund des Vorstosses:

Keinen Waffenerwerbsschein erhält, wer wegen einer Handlung, die eine gewalttätige oder gemeingefährliche Gesinnung bekundet, oder wegen wiederholt begangener Verbrechen oder Vergehen im Strafregister verzeichnet ist. Tritt bei Waffenbesitzern später ein solcher sog. Hinderungsgrund ein, werden rechtmässig erworbene Waffen behördlich beschlagnahmt (Art. 8 Abs. 2 lit. d und Art. 31 Abs. 1 lit. b WG).

 

Gemäss Bundesgericht gilt dies auch bei Strassenverkehrsvergehen – und dies selbst dann, wenn sie fahrlässig begangen werden und es bloss zu bedingten Geldstrafen kommt. Die Straftaten müssten nicht im Zusammenhang mit Gewalt oder mit der Verwendung einer Waffe stehen. Eine Person, die derart strafrechtlich aufgefallen sei, habe unstreitig eine Tendenz, es mit der Wahrung der Rechtsordnung nicht besonders ernst zu nehmen (2C_125/2009).

 

Das bedeutet, dass ein Schütze nach zwei Strassenverkehrsvergehen (z.B. 110 km/h ausserorts bzw. 155 km/h auf der Autobahn) sämtliche Waffen abgeben muss. Dies selbst dann, wenn er sich nach der ersten Strafe in der Probezeit bewährt hat, jedoch z.B. neun Jahre später erneut straffällig wird. 

 

Mit der behördlichen Beschlagnahme von Waffen wird ein Schütze wie ein Schwerverbrecher behandelt. Dieses rigide Vorgehen ist unverhältnismässig: Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 5 Abs. 2 BV). Mit dieser harten «Zusatz-Bestrafung» – neben der eigentlichen Strafe und dem Führerausweisentzug – wird der erforderlichen Interessenabwägung nicht angemessen Rechnung getragen.

 

Hinzu kommt, dass dem privaten Waffenbesitz in der Schweiz aus historischen und traditionellen Gründen ein besonders hoher Stellenwert zukommt. Die unverhältnismässige Gängelung von Waffenbesitzern ohne direkte Würdigung des Einzelfalls steht daher nicht im Einklang mit den schweizerischen Grundwerten.

Antwort des Bundesrates:

  1. Die Schweiz verfügt über ein vergleichsweise liberales Waffengesetz und das Recht auf Waffenerwerb, Waffenbesitz und das Waffentragen sind im Rahmen des Gesetzes gewährleistet. Im Gegenzug dürfen jedoch bei der Person, die eine Waffe erwerben, bzw. besitzen will, keine Hinderungsgründe vorliegen. Als einer dieser Hinderungsgründe gilt seit Inkrafttreten des Waffengesetzes (WG; SR 514.54) am 1. Januar 1999 eine Verzeichnung im Strafregister unter anderem wegen wiederholt begangener Verbrechen oder Vergehen (vgl. Art. 8 Abs. 2 Bst. d WG). Vergehen sind Taten, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sind, Verbrechen sind mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht. Unter diese Strafandrohung fällt auch eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln, bei der eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorgerufen oder in Kauf genommen wird (vgl. Art. 90 Abs. 2 des Strassenverkehrsgesetzes, SR 741.01). Besteht ein Hinderungsgrund, sind Waffen aus dem Besitz dieser Person zu beschlagnahmen (vgl. Art. 31 Abs. 1 Bst. b WG).

 

  1. Das Vorgehen der Behörden erfolgt in Einklang mit dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. Art. 31 Abs. 1 Bst. b WG und Antwort auf Frage 1). Den kantonalen Behörden kommt damit kein Ermessensspielraum zu und die Frage der Verhältnismässigkeit stellt sich nicht. Die Praxis der (kantonalen) Behörden wurde durch das Bundesgericht geschützt und es ist nicht Sache des Bundesrates, dessen Rechtsprechung zu kommentieren.

 

  1. Das Waffengesetz regelt die Voraussetzungen, die für den Erwerb bzw. den Besitz von Waffen zu erfüllen sind sowie die Folgen, falls diese nicht mehr gegeben sind. Ob sich Anpassungen bei der Regelung der Beschlagnahme von Waffen aufdrängen, kann bei der nächsten Revision des Waffengesetzes vertieft geprüft werden.

Chronologie:

Diskussion verschoben
20.12.2024
Nationalrat

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