Der Bundesrat wird beauftragt sicherzustellen, dass die Rückvergütung der Notfallpauschale den Versicherten zukommt und nicht in die Reserven der Krankenversicherer einfliesst, da dies mit dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) nicht vereinbar wäre.
Grund des Vorstosses:
Laut einem Urteil des Bundesgerichts müssen die Versicherer die Notfallpauschale nicht übernehmen.Diese Pauschale machen Ärztinnen und Ärzte bei Konsultationen geltend, die ausserhalb der regulären Öffnungszeiten, also am Abend, am Wochenende oder an Feiertagen, durchgeführt werden. Das Urteil hat bei Ärztinnen und Ärzten starke Reaktionen ausgelöst.Bis vor Kurzem durften sie für Konsultationen ausserhalb der regulären Öffnungszeiten eine Notfallpauschale von rund 40 Franken verrechnen. Das Bundesgericht hat diese Praxis jedoch diesen Sommer in Frage gestellt. Nun verlangen die Versicherer von den Notfallpraxen, dass sie ihre Abrechnungspraktiken an das Bundesgerichtsurteil anpassen. Die Änderung betrifft mehrere Hundert Einrichtungen in der Schweiz, insbesondere Gruppenpraxen und private medizinische Permanencen.Die Krankenversicherer haben öffentlich angekündigt, dass sie die rückvergüteten Beiträge ihren eigenen Reserven zuweisen möchten.Dieser Entscheid ist weder akzeptabel noch mit dem KVG vereinbar.Aus dem KVG und der Motion 24.3060 «Kontrolle der Finanzen der Krankenkassen in Bezug auf die von den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen erhaltenen Retrozessionen» geht klar hervor, dass die Gelder nur für einen einzigen Zweck verwendet werden dürfen, nämlich die Rückerstattung an die Versicherten.Der Bundesrat muss einschreiten, um sicherzustellen, dass die Notfallpauschale direkt an den Versicherten zurückerstattet wird und nicht in die Reserven der Krankenversicherer einfliesst.
Antwort des Bundesrates:
Rückforderungen der Krankenkassen bei den Leistungserbringern gestützt auf Artikel 56 Absatz 2 Satz 2 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) haben sich etabliert und bewährt, um zu Unrecht bezahlte Leistungen zurückzufordern. Sie sind ein zentrales Instrument der Rechnungskontrolle und tragen durch die Reduktion von Leistungskosten zur Kostendämpfung bei. Es wäre jedoch nicht korrekt, in jedem Fall den gesamten von den Krankenkassen zurückgeforderten Betrag an die betroffenen Versicherten zurückzuzahlen. Da die Versicherten bei der ursprünglichen Leistungsabrechnung nur im Rahmen ihrer Kostenbeteiligung belastet wurden, müsste die Höhe der Rückvergütung im Einzelfall aufgrund des gewählten Versicherungsmodells, der Franchise und bereits geleisteter Kostenbeteiligung berechnet werden. Bei Versicherten, welche die maximale Kostenbeteiligung bereits erreicht haben oder noch erreichen werden, fällt eine Rückvergütung daher ausser Betracht. Sofern und soweit die Rückvergütung des Leistungserbringers an die Krankenkasse individualisierbar ist, muss also die zugrundeliegende Kostenbeteiligung korrigiert werden. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) als Aufsichtsbehörde prüft im Rahmen verschiedener Kontrollen, ob die Versicherer über geeignete Systeme verfügen und angemessene Prozesse befolgen, um die gesetzlichen Vorgaben im Umgang mit den empfangenen Beträgen einzuhalten. Das BAG prüft insbesondere stichprobenmässig, ob die von den Versicherten verlangte Kostenbeteiligung korrekt berechnet wird (vgl. die Antwort auf die Interpellation Bläsi 23.3973 «Kontrolle der Finanzen der Krankenkassen in Bezug auf die von den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen erhaltenen Retrozessionen»). Eine Individualisierung der Rückvergütungen ist jedoch nicht immer möglich oder verhältnismässig. Nicht möglich ist sie bspw. bei pauschalen Rückforderungen oder wenn zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern ein Vergleich über die strittige Rückforderung abgeschlossen wurde. Nicht verhältnismässig ist sie insbesondere, wenn die administrativen Kosten für die Korrektur der Kostenbeteiligung die eingesparten Leistungskosten übersteigen. Zudem kann die Rückabwicklung unverhältnismässig aufwändig sein, wenn die Versicherten den Versicherungsvertrag bereits aufgelöst haben. Wenn die Rückforderungen nicht zur Reduktion der Kostenbeteiligung verwendet werden konnten, handelt es sich um eine Reduktion der Leistungskosten, was insgesamt zu einem besseren versicherungstechnischen Ergebnis und damit letztlich zu tieferen Prämien führt. Die Krankenkassen unterliegen einem Gewinnausschüttungsverbot. Somit fliesst kein Geld aus dem System der sozialen Krankenpflegeversicherung. Von einem versicherungstechnischen Gewinn profitieren also die Versicherten. Die Forderung der Motion, wonach die Versicherten von den Rückforderungen profitieren sollen, ist nach Ansicht des Bundesrates somit bereits heute erfüllt.Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.