Der Bundesrat wird beauftragt, die Artikel 8 und 9 des Landwirtschaftsgesetzes (LwG) insofern zu ändern, dass die Beiträge der Milchproduzentinnen und -produzenten zur Vertretung landwirtschaftlicher Interessen bzw. für das Marketing im Milchsektor freiwillig werden.
Grund des Vorstosses:
Gemäss den Artikeln 8 und 9 LwG sind Schweizer Milchproduzentinnen und -produzenten verpflichtet, zur Selbsthilfe hohe Beiträge an sogenannte Interessenvertretungen der Schweizer Milchproduzenten und regionale Organisationen zu zahlen. Die Organisationen nehmen viel Geld ein, vertreten jedoch manchmal Positionen, die den Interessen ihrer Mitglieder zuwiderlaufen.
So hat sich zum Beispiel die Branchenorganisation Milch am 28. Februar 2025 für die neuen bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union ausgesprochen. Mit diesen Abkommen wird das EU-Recht sogenannt dynamisch und in Wirklichkeit automatisch übernommen, was den administrativen Aufwand für die Schweizer Milchproduzentinnen und -produzenten sehr stark erhöhen wird. Ausserdem ist die Handelsbilanz der Schweizer Milchproduzentinnen und -produzenten negativ. Die Befürwortung der Abkommen ist für sie somit unverständlich. Unter diesen Umständen ist eine Beitragspflicht zugunsten einer Organisation, die nicht die Interessen aller ihrer Mitglieder vertritt, nicht sinnvoll. Die Freiwilligkeit ist des Weiteren verfassungsrechtlich verankert: Gemäss Artikel 28 Absatz 1 der Bundesverfassung zur Koalitionsfreiheit dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Vereinigungen beitreten oder fernbleiben. Die Pflicht zur Mitgliedschaft in einer Interessenvertretung, die nicht immer alle ihre Mitglieder vertritt, ist somit verfassungswidrig.
Antwort des Bundesrates:
Die Branchen- und Produzentenorganisationen sind nach Artikel 8 des Landwirtschaftsgesetzes (SR 910.1) für die Qualitäts- und Absatzförderung ihrer Produkte selbst verantwortlich. Dieser Grundsatz wird als Selbsthilfe bezeichnet. Der Bundesrat kann gestützt auf Artikel 9 des Landwirtschaftsgesetzes die Nichtmitglieder von Branchen- und Produzentenorganisation verpflichten, sich im Rahmen dieser Selbsthilfe an den Massnahmen einer Organisation zu beteiligen. Man spricht in diesem Fall von der Ausdehnung von Selbsthilfemassnahmen auf Nichtmitglieder. Mit der Ausdehnung von Selbsthilfemassnahmen soll sogenanntes Trittbrettfahren verhindert werden. Trittbrettfahrer sind Betriebe, die von Selbsthilfemassnahmen profitieren, ohne selbst daran mitzuwirken. Solche Trittbrettfahrer entmutigen jene, die sich solidarisch an den Massnahmen beteiligen. Nach Artikel 9 Absatz 2 des Landwirtschaftsgesetzes können auch Beiträge zur Finanzierung von Selbsthilfemassnahmen auf die Nichtmitglieder ausgedehnt werden. Mit den Beiträgen der Nichtmitglieder darf aber auf keinen Fall die Verwaltung der Branchen- oder Produzentenorganisation finanziert werden.
Aktuell sind als Selbsthilfemassnahme die Beiträge an die Produzentenorganisation Schweizer Milchproduzenten (SMP) für die Absatzförderung von Milchprodukten und Käse im In- und Ausland auf die Nichtmitglieder ausgedehnt. Der Bundesrat hat somit die Milchproduzentinnen und -produzenten, die Nichtmitglieder der SMP sind, für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2025 verpflichtet, die Beiträge für die Absatzförderung an die SMP zu bezahlen.
Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen in Artikel 8 oder 9 des Landwirtschaftsgesetzes geben vor, dass der Bundesrat nur Beiträge zur Finanzierung von Selbsthilfemassnahmen auf die Nichtmitglieder ausdehnen kann, wenn eine grosse Mehrheit der Mitglieder den Beiträgen zugestimmt hat und die damit finanzierten Massnahmen einen Nutzen für die betroffenen Produzentinnen und Produzenten haben. Der Bundesrat dehnt die Beiträge zur Finanzierung einer Selbsthilfemassnahme jeweils für einen Zeitraum von höchstens vier Jahren auf die Nichtmitglieder aus. Für eine Weiterführung der Ausdehnung müssen die Organisationen ein neues Begehren an den Bundesrat stellen. Dabei wird überprüft, dass die Voraussetzungen von Artikel 9 des Landwirtschaftsgesetzes weiterhin eingehalten sind. Insbesondere der Ausschluss der Verwendung von Mitteln der Nichtmitglieder zur Finanzierung der Verwaltungstätigkeit der betreffenden Branchen- und Produzentenorganisation stellt sicher, dass die Mittel der Nichtmitglieder zielgerichtet verwendet werden. Die heutigen rechtlichen Grundlagen reichen somit aus, um sicherzustellen, dass nur Beiträge zur Finanzierung von Selbsthilfemassnahmen auf die Nichtmitglieder ausgedehnt werden, die im Interesse der Produzentinnen und Produzenten sind. Die vom Motionär verlangten Anpassungen von Artikel 8 und 9 des Landwirtschaftsgesetzes sind deshalb aus Sicht des Bundesrates nicht notwendig. Sie würden die Bemühungen zur Selbsthilfe unterlaufen.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.