Der Bundesrat wird beauftragt:
1. einen Rechtsrahmen vorzuschlagen, mit dem die Privatisierung, der Verkauf oder die Übertragung strategischer Industrien und kritischer Infrastrukturen in Staatsbesitz an ausländische Akteure untersagt werden kann, damit – auch im Falle einer indirekten Übernahme durch ausländische Investoren – gewährleistet ist, dass Eigentum und Kontrolle bei der Schweiz verbleiben;
2. die staatliche Unterstützung solcher Industrien bei Bedarf zu garantieren, wobei der Fokus auf dem Erhalt des Know-hows und der nationalen Expertise liegen soll;
3. klare Kriterien festzulegen, um zu bestimmen, bei welchen Industrien und Infrastrukturen – abhängig von ihrer Rolle für die Sicherheit des Landes, den Schutz der Bevölkerung und die technologische Souveränität – Schutzbedarf besteht;
4. Mechanismen zur Investitionskontrolle einzuführen, um ausländische Einflussnahmen zu verhindern, welche die Schweizer Interessen gefährden könnten;
5. sicherzustellen, dass bei jeder Umstrukturierung oder staatlichen Intervention in diesen Sektoren die Arbeitsplatzsicherheit und die Widerstandsfähigkeit der Schweiz Vorrang haben, um den Verlust von Schlüsselkompetenzen an ausländische Märkte zu verhindern;
6. bis zur Umsetzung der Gesetzesänderungen vorübergehende Schutzmassnahmen für Unternehmen einzuführen, bei denen ein unmittelbares Risiko einer ausländischen Übernahme identifiziert wurde.
Grund des Vorstosses:
Um die Souveränität, die Sicherheit und die wirtschaftliche Stabilität der Schweiz zu gewährleisten, ist bei der Kontrolle ihrer strategischen Industrien und kritischen Infrastrukturen erhöhte Wachsamkeit geboten. Der Verkauf oder die Übertragung solcher Industrien und Infrastrukturen an ausländische Akteure zieht nicht nur einen bedenklichen Know-how-Verlust nach sich und bedroht unmittelbar inländische Arbeitsplätze, sondern schwächt auch die strategische Unabhängigkeit des Landes. Der bestehende Rechtsrahmen vermag ausländische Übernahmen nicht wirksam zu verhindern, mit der Folge, dass die Schweiz strategisch wichtige Industrien verliert. Diese Schlüsselindustrien müssen unbedingt geschützt werden, damit wir unsere bewaffnete Neutralität und technologische Souveränität bewahren und die strategische Abhängigkeit von ausländischen Akteuren reduzieren können.
Antwort des Bundesrates:
Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass der volkswirtschaftlichen Stabilität und dem Schutz von kritischen Infrastrukturen eine grosse Bedeutung beizumessen ist.
Die kritischen Infrastrukturen der Schweiz befinden sich mehrheitlich in staatlicher Hand. Auch betreffend die Einsatzfähigkeit der Armee sind wichtige Leistungen und Kompetenzen mit der RUAG MRO in staatlicher Hand. Ein höherer Schutz der Besitzverhältnisse kritischer Infrastrukturen ist in diesen Fällen kaum denkbar. Denn ein allfälliger Verkauf wäre an einen politischen Entscheid geknüpft.
Ausserdem laufen gegenwärtig Arbeiten dazu, um den Rechtsrahmen insgesamt zusätzlich zu stärken. So berät das Parlament derzeit einen Entwurf für ein Investitionsprüfgesetz (siehe Geschäft 23.086). Dieses Gesetz würde es dem Bund erlauben, gegen Übernahmen vorzugehen, die die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Schweiz gefährden. In Bezug auf die Energiewirtschaft verfolgt die parlamentarische Initiative 16.498 Badran «Unterstellung der strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft unter die Lex Koller», die ebenfalls im Parlament hängig ist, eine ähnliche Stossrichtung.
Zudem prüft der Bundesrat zurzeit hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB) der Schweiz im Rahmen der Erarbeitung der Rüstungspolitischen Strategie, wie diese künftig erhalten und gestärkt werden kann. Im Vordergrund stehen dabei Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB, unter anderem durch die Schaffung guter Rahmenbedingungen, die Optimierung der Zusammenarbeit und die bessere Nutzung vorhandener STIB-Instrumente.
Hinsichtlich des Erhalts von Knowhow und Arbeitsplätzen erachtet der Bundesrat die Forderung der Motion als kontraproduktiv. Werden die Unternehmen in ihren Möglichkeiten zu Investitionen und Umstrukturierungen eingeschränkt, ist von einem Verlust von Knowhow und Arbeitsplätzen auszugehen. Wie im Bericht des Bundesrates «Grenzüberschreitende Investitionen und Investitionskontrollen» vom 13. Februar 2019 in Erfüllung der Postulate 18.3376 Bischof und 18.3233 Stöckli dargelegt, werden Technologievorsprung und Arbeitsplätze am wirkungsvollsten durch eine innovations- und wettbewerbsfreundliche Ausgestaltung der Rahmenbedingungen sowie einer Bildungs- und Forschungspolitik, welche den Bedürfnissen der Wirtschaft Rechnung trägt, garantiert.
Um den Transfer von Knowhow in die Schweiz zu gewährleisten, ist zudem die Offenheit gegenüber ausländischen Investitionen zentral. Der Bestand der ausländischen Direktinvestitionen in der Schweiz belief sich 2023 auf 930,3 Milliarden Franken. Diese bringen nicht nur Knowhow in die Schweiz, sondern schaffen auch Arbeitsplätze. So beschäftigten 2023 ausländische multinationale Unternehmensgruppen 573’373 Personen in der Schweiz. Dies entspricht 10,5 Prozent aller Beschäftigten.
Ebenso lehnt der Bundesrat staatliche Stützungsmassnahmen, die auf spezifische Industrien oder Branchen zielen, aus Effizienz- und Fairnessgründen ab. Solche industriepolitischen Massnahmen schaffen langfristige Abhängigkeiten, behindern den Strukturwandel, bergen ein sehr grosses Risiko von Fehlallokationen auf Kosten der Steuerzahlenden und führen zu einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Unternehmen und Branchen in der Schweiz.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.