25.3675Interpellation
Aufarbeitung und transparente Verfahren zur Meldung von Impfnebenwirkungen

Grund des Vorstosses:

Seit dem 1. April 2022 sind die Massnahmen betr. Corona-Pandemie in der Schweiz vorbei. Diese betrafen nicht nur Personen mit erhöhtem Risiko, sondern die ganze Bevölkerung. Es braucht nun eine Aufarbeitung der Corona-Zeit und vor allem auch, dass Impfschäden ernst genommen werden. In der Schweiz wurden 6’900 Meldungen über schwerwiegende unerwünschte Wirkungen der COVID-19-Impfung registriert. Für Betroffene sieht das Epidemiengesetz (EpG, Art. 64 ff.) grundsätzlich eine Entschädigung und Genugtuung vor. Die Praxis zur Anerkennung von Impfschäden ist jedoch schwer durchschaubar und langwierig. Das Verfahren ist wenig transparent, und den Entscheiden fehlen nachvollziehbare Begründungen sowie eine Rechtsmittelbelehrung. Zudem veröffentlichte der Bundesrat erst im Mai 2024, drei Jahre nach Einführung der Impfstoffe, ein neues Antragsformular und ergänzende Informationsunterlagen (z.B. zur Bemessung der Genugtuung). Ausserdem ist es wichtig, dass das BAG die Meldungen bezüglich Post-Vac und Long-Covid unterscheidet. In diesem Zusammenhang bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung der gestellten Fragen.

Antwort des Bundesrates:

Einleitend eine Bemerkung zur Aussage, dass in der Schweiz 6900 Meldungen über schwerwiegende unerwünschte Wirkungen der Covid-19-Impfung registriert wurden: Bei Meldungen von Verdachtsfällen unerwünschter Wirkungen an Swissmedic legt jeweils die meldende Person selbst fest, ob sie die Wirkung als schwerwiegend einstuft. Viele dieser Meldungen, beispielsweise zu Fieber, stellten sich gemäss den Pharmakovigilanz-Kriterien als nicht schwerwiegend heraus, trotzdem wird ihre Einstufung gemäss dem international üblichen Vorgehen in der Arzneimittelsicherheit nicht verändert: so wird ein als «schwerwiegend» gemeldeter Fall nicht in «nicht-schwerwiegend» heruntergestuft. 

 

1. Die Website des Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) informiert ausführlich zum Verfahren für eine Entschädigung und/oder Genugtuung bei Impfschaden (inkl. Gesuchsformular, Flyer). Das EDI beantwortet schriftliche und telefonische Anfragen zur Gesuchseinreichung. Die kantonalen Behörden, die mit dem Verfahren vertraut sind, stehen zudem zur Unterstützung für die betroffenen Personen zur Verfügung.

 

2. Die Anträge werden einer ersten formellen Prüfung unterzogen, nach deren Abschluss den Antragstellerinnen und Antragstellern gegebenenfalls eine Frist zur Vervollständigung ihrer Unterlagen eingeräumt wird. Sind die Unterlagen nach Ablauf der Frist immer noch unvollständig, wird die betroffene Person darüber informiert, und es wird ihr mitgeteilt, warum der Antrag nicht bearbeitet werden kann. Die Unterlagen werden ihr mit dem Hinweis zurückgeschickt, dass innerhalb von fünf Jahren nach der Impfung jederzeit ein neuer Antrag gestellt werden kann, wenn schwerwiegende gesundheitliche Folgen eintreten, die damit verbundenen Kosten nicht gedeckt sind und ein direkter Zusammenhang mit der Impfung nachgewiesen werden kann.

Anträge, die einer eingehenden materiellen Prüfung unterzogen werden, werden mit einer begründeten Verfügung unter Angabe der Rechtsmittel angenommen oder abgelehnt.

 

3. Das Bundesamt für Gesundheit prüft die Vollständigkeit der medizinischen Akten und holt fehlende Informationen aktiv bei den behandelnden Ärzten ein. Die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Impfung und gesundheitlichen Beeinträchtigungen basiert auf dem Leitfaden «Causality assessment of an adverse event following immunization» der Weltgesundheitsorganisation. Gemäss diesem wird zuerst evaluiert, ob es klare Hinweise auf eine andere Ursache für die gesundheitliche Beeinträchtigung als die Impfung gibt. Ist dies nicht der Fall, wird untersucht, ob sich in der aktuellen Fachliteratur und den Pharmakovigilanzdaten Hinweise für einen kausalen Zusammenhang finden. Das Zeitintervall zwischen Impfung und Auftreten der ersten Beschwerden ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium. Bei Bedarf wird ein externes fachärztliches Gutachten durchgeführt. Die Einhaltung des Prozesses zur Kausalitätsbewertung wird durch die Eidgenössische Kommission für Impffragen geprüft.

 

4. Die fünfjährige Frist nach der Impfung steht im Epidemiengesetz (EpG; SR 818.101, Art. 66) und ist keine Verjährungsfrist, sondern eine Verwirkungsfrist. Sie wurde gesetzt, um die Eigenheiten von Impfschäden im Allgemeinen zu berücksichtigen (BBl 2011 311, S. 413), gilt also auch für Gesundheitsschäden, die durch andere Impfstoffe als diejenigen gegen Covid verursacht wurden.

Das Nebenwirkungsprofil von Covid-19-Impstoffen ist nach mehr als vier Jahren aus weltweit über 13,6 Milliarden verimpften Dosen und weit über 5 Millionen Verdachtsmeldungen von Nebenwirkungen gut bekannt. Die Nebenwirkungen sind mittlerweile in der wissenschaftlichen Literatur umfassend beschrieben. Bei der Beurteilung der Kausalität der einzelnen Gesuchsanträge werden die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse herangezogen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Nebenwirkungen nach einem langen Intervall (d. h. einem Zeitraum von mehr als einem Jahr zwischen Impfung und Einsetzen der Beschwerden) auftreten, ist gering. Somit ist eine Verwirkungsfrist von 5 Jahren adäquat.

 

5. Sollten in Zukunft neue, evidenzbasierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu Impfschäden die Verfügungen des EDI infrage stellen, wäre die Möglichkeit einer Revision der Verfügung gemäss Artikel 66 ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) zu prüfen.

 

6. Die Entschädigung nach dem EpG ist subsidiär, d. h. sie erfolgt nur, wenn der Schaden nicht durch Dritte, insbesondere durch Sozialversicherungen (v. a. Kranken- und Invalidenversicherung; Art. 64 Abs. 2 EpG), gedeckt werden kann. Für die Berechnung des Schadens sind die Grundsätze des Haftpflichtrechts massgebend. Eine Genugtuung berücksichtigt die Schwere der Beeinträchtigung und ist auf schwere Schäden beschränkt. Sie ist – ursprünglich analog zum Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) – auf 70 000 Franken gedeckelt.

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