20.243299 Schutzstatus S auf wirklich Schutzbedürftige beschränken

Grund des Vorstosses:

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine aktivierte der Bundesrat per 12. März 2022 den Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine. Am 1. November 2023 wurde der Schutzstatus S bis am 4. März 2025 verlängert.Es ist nicht einzusehen, wieso bei der Aufnahme von Ukrainern nicht nach ihrer Herkunftsregion differenziert wird. Das Asylgesetz sieht keine Festlegung auf ganze Staaten vor, sondern überlässt dem Bundesrat die Bestimmung der Kriterien (Art. 4 und Art. 66 AsylG). Die Ukraine ist mit 603’628 km2 rund 15-mal grösser als die Schweiz. In der Ukraine gibt es a) Regionen, die ganz oder teilweise durch Russland besetzt sind, b) Regionen, in denen mehr oder weniger intensive Kampfhandlungen stattfinden und c) Regionen, die unter ukrainischer Kontrolle stehen und in denen keine Kampfhandlungen stattfinden. Während die Aufnahme von Personen aus den Gebieten a) und b) gerechtfertigt ist, ist sie bei Personen aus den Gebieten c) nicht gerechtfertigt. Das zeigt sich auch daran, dass Personen mit Schutzstatus S immer wieder von der Schweiz aus in diese Gebiete reisen, um danach wieder in die Schweiz zurückzukehren.Es ist auch nicht einzusehen, wieso in der Ukraine lebende Ausländer als Schutzbedürftige anerkannt werden. Statt in die Schweiz können sie genauso gut in ihr Herkunftsland zurückkehren. Daher ist es angezeigt, die Aufnahme auf Ukrainer und von der Ukraine anerkannte Flüchtlinge zu beschränken. Der Schutzstatus S dient dem vorübergehenden Schutz für die Dauer einer schweren allgemeinen Gefährdung. Mit den vorgeschlagenen Differenzierungen wird sichergestellt, dass der Schutzstatus S nur wirklich Schutzbedürftigen zu Gute kommt. Allen anderen bleibt die Möglichkeit, ein Asylgesuch zu stellen.

Antwort des Bundesrates:

1. und 2.: Die anhaltenden russischen Angriffe könnten auch in den derzeit vom Krieg weniger stark betroffenen Gebieten schnell zu einer Verschlechterung der allgemeinen Sicherheits- oder Versorgungslage führen. In Bezug auf diese Regionen kann deshalb nicht von einer nachhaltigen Stabilisierung der Lage gesprochen werden. Mit einer regionalen Beschränkung und Aufhebung des Schutzstatus S würde der Volatilität der Kriegssituation nicht ausreichend Rechnung getragen werden können. Eine geografische Anpassung und partielle Aufhebung des Schutzstatus S, wie vom Motionär gefordert, stünde zudem nicht im Einklang mit den Regelungen des vorübergehenden Schutzes in der Europäischen Union (EU). Gerade mit Blick auf eine Aufhebung des vorübergehenden Schutzes besteht auf EU-Ebene Einigkeit über die Notwendigkeit einer europäisch koordinierten Lösung. Es ist zu erwarten, dass eine zeitlich unkoordinierte oder partielle Aufhebung des temporären Schutzes zu sekundären Migrationsbewegungen von geflüchteten Personen aus der Ukraine innerhalb Europas führen würde. Die Verminderung von Sekundärmigration und Vermeidung von zusätzlichen Belastungen der Aufnahmesysteme sind gemeinsame Ziele der Schweiz und der EU. Ein Alleingang der Schweiz würde diesem vom Bundesrat wiederholt erklärten Ziel zuwiderlaufen (vgl. diesbezüglich auch die Stellungnahme des Bundesrates zur Motion 22.3516 Stark «Regelmässige und dynamische geografische Überprüfung und Anpassung des Status S»). 3.: Die Allgemeinverfügung des Bundesrats vom 11. März 2022 (BBI 2022 586) sieht bereits hohe Hürden für eine Schutzgewährung gegenüber Drittstaatsangehörigen ohne internationalen oder nationalen Schutzstatus in der Ukraine vor. Es erhalten nur jene Schutzsuchenden aus Drittstaaten vorübergehenden Schutz in der Schweiz, die in der Ukraine über eine gültige Aufenthaltsberechtigung verfügten. Zusätzlich wird vorausgesetzt, dass diese Personen nicht in Sicherheit und dauerhaft in ihre Heimat- oder Herkunftsstaaten zurückkehren können. Durchliefen diese Personen in der Schweiz statt des Schutzverfahrens ein Asylverfahren, würden sie somit mindestens eine vorläufige Aufnahme in der Schweiz erhalten. Zudem würde die Behandlung dieser Gesuche im regulären Asylverfahren das Asylsystem zusätzlich belasten. Die Zahl der Drittstaatsangehörigen, die in der Schweiz über den Schutzstatus S verfügen, ist relativ gering: Rund 800 Personen mit einer Drittstaatsangehörigkeit stehen rund 64 300 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit gegenüber (Stand 29. Februar 2024). Ein Teil dieser Drittstaatsangehörigen wurde im Rahmen des Einbezuges in den Schutzstatus ihrer Partnerinnen und Partner aufgenommen, womit das in der Bundesverfassung (BV; SR 101) und in der Europäischen Menschrechtskonvention (EMRK; SR 0.101) verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK) garantiert wird. Vor diesem Hintergrund erachtet der Bundesrat weder eine regionale Differenzierung bei der Gewährung oder Aufhebung des vorübergehenden Schutzes noch eine Anpassung der Allgemeinverfügung vom 11. März 2022 in Bezug auf Drittstaatsangehörige für angezeigt. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

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