Unsere zum Teil vernachlässigte Armee muss rasch auf einen Stand kommen, dass sie unser Land wieder verteidigen und unsere Bevölkerung schützen kann. Der Bundesrat wird per Ende 2025 einen neuen sicherheitspolitischen Strategiebericht verabschieden. In der Zwischenzeit soll aber ein Kurzbericht Klarheit über die Strategie verschaffen. Ich habe mich in letzter Zeit vermehrt mit der Armee befasst – mit den Bedrohungsformen, mit ihrem Auftrag, den Mitteln, Zielen und Erfolgschancen. Das ist aber recht anspruchsvoll. Denn in Medienberichten, Fachpublikationen und Informationen aus dem VBS wimmelt es neben klaren Begriffen auch von solchen, die unterschiedlich gedeutet werden können. Die Grundlagen sind klar. Artikel 58 BV nennt als Kernauftrag: „Die Armee dient der Kriegsverhinderung; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung.“ Die Strategie ist laut Lexikon „ein genauer Plan zur Erreichung eines Ziels, unter Berücksichtigung der Faktoren, die der Zielerreichung entgegenwirken können“. Und die Einsatzdoktrin muss logischerweise darlegen, wie der Bundesrat die Armee einsetzen will und wie der Verteidigungskampf je nach Lage geführt werden soll. All dies muss der Bundesrat – möglichst konkret – auch jeder Bürgerin und jedem Bürger verständlich machen. Bundesrat Ogi soll bei seinem Amtsantritt gesagt haben: Es gibt kein Thema und kein Problem, das man nicht auf drei A4-Seiten verständlich darstellen kann. Ich ersuche den Bundesrat, genau dies mit dem hochaktuellen Thema Armee mit einem Kurzbericht zu tun. Dabei ist die Sache relativ einfach: Entscheidend für interessierte, betroffene, steuerzahlende Bürgerinnen und Bürger sind die folgenden zentralen Fragen: Mit welcher Strategie will der Bundesrat den verfassungsmässigen Kernauftrag der Armee erfüllen? Mit welcher Einsatzdoktrin will der Bundesrat diese Strategie umsetzen? Welche personellen, materiellen und finanziellen Mittel braucht die Armee dazu? Ich bitte um eine konkrete Antwort des Bundesrates auf diese Fragen.
Grund des Vorstosses:
Antwort des Bundesrates:
Zu Frage 1Im Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021 über die Folgen des Krieges in der Ukraine (BBl 2022 2357) hält der Bundesrat fest, dass mit Blick auf die markant verschlechterte Sicherheitslage die Verteidigungsfähigkeit der Armee gestärkt werden soll. Konkret sollen die Fähigkeitslücken der Armee rascher geschlossen, Fähigkeiten im gesamten Spektrum erhalten und insbesondere die Bereitschaft zur Abwehr eines bewaffneten Angriffs erhöht werden. Zudem soll die Sicherheits- und Verteidigungspolitik konsequenter als bisher auf die internationale Zusammenarbeit ausgerichtet werden, zumal diese die Verteidigungsfähigkeit stärkt.Diese Stossrichtung hat der Bundesrat im Bericht “Verteidigungsfähigkeit und Kooperation” in Erfüllung der Po. 23.3000 der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats “Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Schweiz”, und Po. 23.3131 Dittli “Nato-Kooperation im Verteidigungsbereich verstärken, ohne dem Bündnis beizutreten!” Ende Januar dieses Jahres bekräftigt und ihre Umsetzung konkretisiert.Die vom Bundesrat in der Armeebotschaft 2024 (BBl 2024 563) vorgeschlagene längerfristige Ausrichtung der Armee, die zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit ein breites, ausgewogenes Fähigkeitsprofil vorsieht, haben der Stände- und Nationalrat in der Sommersession bzw. der Herbstsession 2024 gutgeheissen. Ein Zielbild und eine darauf abgestimmte strategische Ausrichtung einer verteidigungsfähigen Armee, wie es die Motion Dittli 24.3605, die der Bundesrat zur Annahme beantragt, verlangt, würde die Strategie der Armee in einem Dokument auf Stufe Bundesrat darlegen. Zu Frage 2Für die Einsatzdoktrin der Armee wesentlich ist ein erweitertes Verständnis der Verteidigungsaufgabe. Verteidigung umfasst auch die Abwehr von Bedrohungen durch die hybride Konfliktführung, die Cyberangriffe, Desinformation und Einsatz von Spezialkräften einschliessen kann, die das Land sukzessive destabilisieren und die Behörden in ihrer Handlungsfähigkeit einschränken kann. Ein Armeeeinsatz zur Verteidigung des Landes könnte so aus einem subsidiären Sicherungseinsatz zugunsten der zivilen Behörden hervorgehen. Diese Doktrin wird im erwähnten Postulatsbericht “Verteidigungsfähigkeit und Kooperation” erläutert. Zu Frage 3Das zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit erforderliche Material muss schrittweise beschafft werden, und zwar mit Blick auf die Budgetentwicklung, die Lieferkapazitäten der Rüstungsindustrie und die bundeseigenen Kapazitäten zur Beschaffung und Einführung. Als erster Schritt soll unter anderem ein Drittel der Bodentruppen bis gegen Ende der 2030er-Jahre mit neuen Systemen ausgerüstet werden, bevor in Folgeschritten auch die beiden anderen Drittel erneuert werden. Basis hierfür sind die Beschlüsse von Bundesrat und Bundesversammlung, dass die Ausgaben der Armee bis 2035 auf 1 Prozent des BIP erhöht werden. Grundsätzlich gilt: je früher die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, desto rascher kann die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit umgesetzt werden.Der heutige Sollbestand beträgt 100 000 Armeeangehörige. Um diesen Bestand personell nachhaltig zu alimentieren, hat die Armee verschiedene Massnahmen ergriffen, wie z. B. eine verbesserte Vereinbarkeit von Militärdienst und Privatleben, die Flexibilisierung von Rekrutierung und Beginn des Militärdienstes oder eine verbesserte Kommunikation und Information. Ferner ist das VBS beauftragt, auf der Grundlage des zweiten Teils des Berichts zur Alimentierung von Armee und Zivilschutz (BBl 2022 665) zwei Varianten zur Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems vertieft zu prüfen und dem Bundesrat bis Ende 2024 die Ergebnisse zu unterbreiten.