20.243835 Rechtslücke schliessen. Besitz gefälschter Ausweise unter Strafe stellen

Grund des Vorstosses:

Die Zahl der Ausweisfälschungen nimmt rasant zu und ist zu einem wesentlichen Element bzw. Werkzeug krimineller Täterschaften geworden. Ob Führerausweise, ID, Reisepässe, Aufenthaltsbewilligungen, Geburtsurkunden: Kriminaltechnische und forensische Dienste (Dokumentenlabor) der Polizei stellen alle möglichen Fälschungen fest.Vermehrt kommt es vor, dass bei Personenkontrollen gefälschte Ausweise gefunden werden. Da im StGB Art. 252 lediglich das Fälschen und das Verwenden gefälschter Ausweise aufgeführt ist, können die Personen nicht strafrechtlich verfolgt werden, weil der Besitz solcher Fälschungen nicht verboten ist (BSK StGB II-BOOG, Art. 252 N 11; BGE 117 IV 170, 174). In diesen Fällen resultiert eine Nichtanhandnahme oder  Einstellung seitens Staatsanwaltschaft. So ist auch eine weiterreichende Ermittlung um Fälschungsnetzwerke und Schleuserkanäle aufzudecken, insbesondere auf polizeilicher Seite, unterbunden. Das ist eine klare Rechtslücke, welche die Innere-Sicherheit (Staatsschutz) gefährdet und von Kriminellen schamlos ausgenutzt wird. Die Personen gehen straffrei aus und beschaffen sich in der Folge einfach wieder gefälschte Dokumente bis sie damit zum Erfolg kommen.Bereits das Beschaffen gefälschter Ausweise erfordert eine kriminelle Energie und fördert die Fälscherindustrie. Mit einer Anpassung von Art. 252 können wir den Strafverfolgungsbehörden ein wichtiges Instrument in die Hand geben, um Kriminalität effektiver aufzudecken und zu bekämpfen.Gefälschte Ausweise sind der Anfang einer deliktischen Handlung. Das geht von «sich einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen» bis hin zu «terroristischen Handlungen». Also das ganze Spektrum von Straftaten. Es ist unverständlich, dass der Gesetzgeber bisher nicht auch den Besitz gefälschter Ausweise/Dokumente unter Strafe stellt. Niemand trägt einen gefälschten Ausweis auf sich ohne sich irgendwann damit einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder seine eigene Identität für ein Verbrechen zu vertuschen usw. Bei Falschgeld z.B. ist sogar der Besitz strafbar. Wieso also bei gefälschten Ausweis-Dokumenten nicht?

Antwort des Bundesrates:

Wer sich einen falschen Ausweis in der Schweiz besorgt, stiftet wohl in den allermeisten Fällen vorgängig zur Fälschung von Ausweisen an (Art. 252 i.V.m. 24 Strafgesetzbuch; StGB, SR 311.0). Diese Person macht sich deshalb auch schon strafbar, bevor sie den falschen Ausweis überhaupt besitzt. Denkbar sind hingegen auch andere Fälle, in denen z.B. ein Opfer von Menschenhandel gefälschte Ausweise ungefragt erhält; diese Personen dann speziell für den Besitz eines falschen Ausweises zu bestrafen, scheint abwegig. Will eine Täterschaft unechte Ausweise zur Begehung eines (anderen) Delikts verwenden (z.B. Art. 252, 146 oder 148a StGB oder Art. 115 oder 118 Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG; SR 142.20]), dürfte sie sich von einem neuen Besitzverbot zudem wenig beeindrucken lassen. Auf die Hersteller solcher Urkunden, welche sich aber zumeist im Ausland befinden, fände das Besitzverbot sowieso keine Anwendung. Gefälschte oder verfälschte Ausweise können eingezogen werden (Art. 104 Zollgesetz [ZG; SR 361.0], Art. 121 AIG).Für die Bekämpfung der Dokumentenfälschung und internationale Verfolgung von organisierten Ausweisfälschern ist eine gute länderübergreifende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden wichtig. Die Schweiz beteiligt sich seit 2010 am System «False and Authentic Documents Online» (FADO-System) der EU. Dieses Bildspeicherungs­system dient dem Austausch von Informationen über Sicherheitsmerkmale und potenzielle Fälschungsmerkmale in echten und gefälschten Dokumenten zwischen den Schengen-Staaten und stellt eine wesentliche Grundlage für die Erkennung und Bekämpfung der Ausweisfälschungen dar. Die polizeiliche und justizielle Verfolgung organisierter Kriminalität kann auch ohne neue Strafbarkeit des Besitzes von gefälschten oder verfälschten Urkunden erfolgen. Artikel 260ter StGB stellt die Unterstützung und die Beteiligung an einer kriminellen Organisation unter Strafe, welche den Zweck verfolgt, sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern (Art. 260ter Abs. 1 Bst. a StGB). Dies ermöglicht Strukturermittlungen und entsprechende Strafverfolgung. So können nicht nur einzelne Straftaten aufgeklärt, sondern die dahinterstehenden Strukturen und Netzwerke identifiziert werden. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

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